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Können Bilder lügen? Tagungsbericht

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In einem der vorherigen Beiträge habe ich die Tagung Können Bilder lügen? angekündigt, nun berichte ich ein wenig über diese interessante Veranstaltung. Ich versuche in gebührender Kürze die zwei interessantesten Positionen und Erkenntnisse an euch weiterzugeben. Ich erhebe daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit und muss aus Platzgründen die weiteren drei Vorträge aussparen.

Bei der Tagung im Bonner Kunstmuseum ging es um die Fotografie im Spannungsfeld zwischen Dokumentation und Inszenierung und die verschiedenen Lesarten zeitgenössischer Fotografie. Dass die Frage, ob Fotografie Dokumentation oder Inszenierung oder beides ist, sich nicht abschließend beantworten lässt, sei schon vorab erwähnt.

Der Problemkonstante wurde sich aus verschiedenen Richtungen genähert: So fragte Kendall Walton, Charles L. Stevenson Collegiate Professor of Philosophy und Professor der School of Art and Design an der University of Michigan, ´What is special about Photography´. Für ihn mutet die Fotografie auf den ersten Blick dokumentarisch an, da sie durch einen mechanischen Prozess geschaffen wird. Wichtig ist jedoch die Absicht die hinter diesem mechanischen Prozess steckt. Zur Illustration führt er ein Foto vom Eiffelturm an, auf dem am Rande auch ein Vogel zu sehen ist. Bei einem Gemälde wäre der Vogel klar ein Teil der Bildintention; bei einem Foto kann dies auch zutreffen, oder er ist rein zufällig in den Fokus geraten. Hier oszilliert das Foto zunächst zwischen Dokumentation und Inszenierung.

Letztlich geht es auch um die Differenz von Kunst und Fotografie und der Frage ab wann ist Fotografie Kunst? – Auch wenn die Fotografie einer realistischen Abbildung von Welt, allein durch die mediale Umsetzung, näher zu stehen scheint als ein Gemälde, so stimmt dies nicht immer. Schließlich gibt es viele Gemälde, die auf den ersten Blick wie ein Foto wirken. Nach Walton ist die Fotografie letztlich Inszenierung. Manifestiert sich in einem Foto immer auch die Intention und der Blick auf die Welt einer einzelnen Person, des Fotografen. Somit können Bilder auch lügen, sie sind nicht objektiv.

Michael Wetzel, Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Bonn, beschäftigte sich mit den inframediale Spuren: Fotografien zwischen Beweis und Zeugnis und das Dilemma des Dokumentarfilms. Anhand des Falls “Rodney King”, bei dem ein Polizeiübergriff auf einen Afroamerikaner mit einem Camcorder gefilmt wurde und die Nichtverurteilung der Polizisten zu Unruhen in den USA führte, diskutiert Wetzel die Frage nach der Glaubwürdigkeit solcher Aufnahmen bzw. deren Nivelierung durch Demontage.

Ein Foto, oder ein Dokumentarfilm, ist immer ein Ausschnitt aus der Wirklichkeit, sozusagen ein Beschnitt von Wirklichkeit, eine Montage, die bewusst inszeniert und ausspart. Bilder sind somit immer auch Bedeutungsspiel – ein Code. Wetzel bezieht sich hier auf Derrida, nach dem technische Aufzeichnungen (Foto,Film) tautologisch sind und Unmittelbarkeit ein Trugschluss ist. Authentizität wird seiner Meinung nach dekonstruiert und verschoben. So bewegt sich die Fotografie zwischen Wirklichkeit und Möglichkeit, Ideologisierung und einer Art Sprache der “Zwischenwelt” – einer Sprache zwischen der Welt und uns.

Alle Vorträge finden sich jetzt auch als MP3  auf www.philosophie-kunst.de

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